Frauenrechte & Alltag in den Emiraten – Realität jenseits des Tourismus

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Die Vereinigten Arabischen Emirate (VAE) gelten als eines der modernsten Länder der arabischen Welt. Hochhäuser, Luxusautos und internationale Unternehmen prägen das Bild. Doch wie sieht das Leben der Frauen hinter dieser glitzernden Fassade aus? Welche Rechte haben sie – und wie unterscheidet sich der Alltag einer Emirati-Frau vom Leben von Touristinnen oder ausländischen Bewohnerinnen? Dieser Artikel bietet einen nüchternen Überblick über die rechtlichen Grundlagen, gesellschaftlichen Rollenbilder und die aktuelle Entwicklung der Frauenrechte in den Emiraten.

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1. Historischer Hintergrund: Vom Beduinenleben zur Hightech-Gesellschaft

Noch vor wenigen Jahrzehnten war das Gebiet der heutigen Emirate vor allem eine Wüstenregion, in der die Menschen vom Fischfang, der Perlenzucht und dem Handel lebten. Frauen spielten in dieser Zeit vor allem eine Rolle innerhalb der Familie: Sie führten den Haushalt, kümmerten sich um die Kinder und unterstützten ihre Männer in der Landwirtschaft oder bei Handelsreisen.

Mit der Entdeckung von Erdöl in den 1950er-Jahren und der Gründung der Vereinigten Arabischen Emirate im Jahr 1971 begann eine rasante Entwicklung. Schulen, Krankenhäuser und Universitäten wurden aufgebaut – und erstmals erhielten Frauen systematisch Zugang zu Bildung. Der Gründungsvater Sheikh Zayed bin Sultan Al Nahyan betonte schon früh, dass Frauen „die Hälfte der Gesellschaft“ seien und Bildung der Schlüssel zu nationalem Fortschritt sei.

Heute sind Frauen in den Emiraten in vielen gesellschaftlichen Bereichen präsent – von der Verwaltung über die Medizin bis zur Wirtschaft. Gleichzeitig bleibt die Gleichberechtigung ein Prozess mit Licht und Schatten.

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2. Gesetzliche Grundlagen: Fortschritt mit Einschränkungen

Die Verfassung der VAE garantiert formal die Gleichheit von Männern und Frauen in Bereichen wie Bildung, Arbeit und Eigentum. Frauen dürfen wählen, sich politisch beteiligen und in vielen Fällen auch Eigentum besitzen oder Unternehmen gründen.

Gleichzeitig basiert ein Teil der Gesetzgebung – insbesondere im Familienrecht – auf der Scharia, dem islamischen Recht. Das führt in bestimmten Lebensbereichen zu Einschränkungen, vor allem bei Heirat, Scheidung, Sorgerecht und Erbschaft.

Heirat und Familie:

  • Eine muslimische Frau darf nach Scharia-Recht in der Regel keinen nicht-muslimischen Mann heiraten, während ein muslimischer Mann eine Christin oder Jüdin heiraten darf.
  • In Familienangelegenheiten haben Männer oft das letzte Wort, etwa bei der Zustimmung zur Heirat einer Tochter oder bei Sorgerechtsfragen nach einer Scheidung.

Erbrecht:

  • Nach islamischem Recht erhalten weibliche Erben in vielen Konstellationen die Hälfte des Anteils, den ein männlicher Erbe bekommen würde.
  • In der Praxis werden Erbschaften teilweise durch Verträge, Schenkungen oder Testamente ergänzend geregelt, das Grundprinzip der Scharia bleibt jedoch bestehen.

Strafrecht:

  • In den letzten Jahren wurden Gesetze modernisiert, um Frauen besser zu schützen, unter anderem gegen häusliche Gewalt und sexuelle Belästigung.
  • „Ehrverbrechen“ werden heute strafrechtlich verfolgt und nicht mehr milder bewertet als andere Gewaltdelikte.

Insgesamt hat sich das Rechtssystem in Richtung mehr Schutz und Mitbestimmung für Frauen entwickelt, bleibt aber in zentralen Lebensbereichen religiös geprägt.

3. Bildung und Beruf: Frauen auf dem Vormarsch

In keinem anderen arabischen Land sind Frauen in der Hochschulbildung so stark vertreten wie in den VAE. An vielen Universitäten stellen Studentinnen die Mehrheit.

  • Ein großer Teil der Universitätsabsolventen sind Frauen, besonders in Fächern wie Medizin, Ingenieurwesen, Naturwissenschaften und Kommunikation.
  • Im öffentlichen Dienst sind Frauen in hoher Zahl vertreten, viele von ihnen in qualifizierten Positionen.
  • Es gibt Ministerinnen, Diplomatinnen, Pilotinnen, Unternehmerinnen und Managerinnen in staatlichen und halbstaatlichen Unternehmen.

Trotzdem bleiben Unterschiede: In der Privatwirtschaft sind Männer nach wie vor in der Mehrheit, und viele Frauen bevorzugen den öffentlichen Sektor, der als stabil, familienfreundlich und gesellschaftlich anerkannt gilt.

4. Alltag der Emirati-Frau: Zwischen Tradition und Moderne

Für viele Emirati-Frauen ist der Alltag eine Balance zwischen Selbstverwirklichung und traditionellen Erwartungen. Familienstrukturen spielen weiterhin eine große Rolle, und das Zusammenleben mehrerer Generationen ist keine Seltenheit.

Auch wenn junge Frauen studieren und arbeiten, bleibt Heirat ein wichtiges Lebensziel. Viele Ehen werden von den Familien angebahnt, aber die Zustimmung der Frau ist heute in der Regel Voraussetzung.

Kleidung und Auftreten:

  • Traditionell tragen Emirati-Frauen die schwarze Abaya (ein weiter Überwurf) und den Shayla (Kopftuch).
  • In Städten wie Dubai oder Abu Dhabi sind Stil und Mode oft modern und hochwertig, solange die Kleidung als „sittsam“ gilt.

Freizeit und Mobilität:

  • Frauen fahren selbstverständlich Auto, nutzen Taxis, Metro und Flugzeuge und sind im Stadtbild präsent.
  • Es gibt Angebote speziell für Frauen, zum Beispiel Damenbereiche in Fitnessstudios, Frauentage in Schwimmbädern oder separate Abteile in manchen Verkehrsmitteln.

Der Alltag ist also von modernen Möglichkeiten geprägt, aber kulturelle Normen und familiäre Erwartungen spielen weiterhin eine wichtige Rolle.

5. Ausländische Frauen: Tourismus, Expat-Leben und besondere Punkte

Neben den Emirati-Frauen leben sehr viele Ausländerinnen in den Emiraten – als Touristinnen, Arbeitsmigrantinnen oder Langzeit-Expats. Ihr Alltag unterscheidet sich teilweise deutlich.

Touristinnen:

  • In touristischen Zonen sind kurze Hosen, T-Shirts oder ärmellose Tops meist kein Problem, sofern sie nicht extrem freizügig sind.
  • In Moscheen, traditionellen Vierteln oder Behörden sollten Schultern und Knie bedeckt sein.
  • Die meisten Touristinnen empfinden die Emirate als sehr sicheres Reiseziel, insbesondere in Hotels, Einkaufszentren und touristischen Einrichtungen.

Expats:

  • Viele westliche Frauen leben in den Emiraten und arbeiten etwa in internationalen Schulen, Krankenhäusern, Büros oder im Tourismus.
  • Ihr rechtlicher Status hängt vom Arbeitsvertrag, vom Visum und oft auch von der familiären Situation (zum Beispiel Ehepartner-Visum) ab.
  • Im Alltag genießen sie viele Freiheiten, müssen aber wie alle Bewohnerinnen die lokalen Gesetze und kulturellen Regeln beachten.

Rechtliche Hinweise:

  • Öffentliche Zärtlichkeiten, insbesondere intensives Küssen oder Umarmungen, können als unangemessen gelten und sollten vermieden werden.
  • In den letzten Jahren wurden Regelungen zu Themen wie unehelicher Schwangerschaft oder Zusammenleben teilweise gelockert, trotzdem sollten Ausländerinnen sich vorab über die aktuelle Rechtslage informieren.

6. Politik und Repräsentation: Frauen in Führungsrollen

Die Regierung der Emirate präsentiert die Förderung von Frauen bewusst als Teil ihrer Modernisierungsstrategie. Frauen sind sichtbar in Politik und Verwaltung vertreten.

  • Ein hoher Anteil der Sitze im Föderalen Nationalrat (Parlament) ist mit Frauen besetzt.
  • Mehrere Ministerien werden von Frauen geführt, etwa für Jugend, Bildung, Gemeinschaftsentwicklung oder Klimafragen.
  • Gremien und Initiativen wie der „UAE Gender Balance Council“ sollen gleiche Chancen im Berufsleben fördern.

Diese Maßnahmen haben die Sichtbarkeit von Frauen stark erhöht. Allerdings bedeutet politische Repräsentation nicht automatisch vollständige Gleichstellung im privaten Alltag, der weiterhin von familiären und kulturellen Normen beeinflusst wird.

7. Religion und Kultur: Zwischen Glaube und Globalisierung

Die Emirate verstehen sich als islamisches Land, das sich gleichzeitig gegenüber der Welt geöffnet hat. Religion prägt Feiertage, Alltagsrhythmen (zum Beispiel den Ramadan) und rechtliche Rahmenbedingungen.

Frauenrechte sind in diesem Kontext eng mit religiöser Auslegung verbunden:

  • Die Scharia dient als moralischer und rechtlicher Bezugspunkt, gerade im Familienrecht.
  • Gleichzeitig versuchen viele einflussreiche Persönlichkeiten und Institutionen, Bildung und Berufstätigkeit von Frauen mit einer modernen Interpretation des Islams zu verbinden.

In Metropolen wie Dubai wirkt das Leben vieler junger Frauen sehr international: Sie studieren, arbeiten, gründen Unternehmen und bewegen sich selbstverständlich in einer globalisierten Welt. In traditionelleren Regionen und Familien sind Rollenbilder dagegen konservativer.

8. Wie Touristinnen die Lage wahrnehmen

Viele Besucherinnen erleben die Emirate als sicheres, gut organisiertes und frauenfreundliches Reiseziel. Service, Infrastruktur und Sicherheitsgefühl werden oft positiv hervorgehoben.

Wichtig ist, die eigene Perspektive einzuordnen:

  • Touristinnen sehen vor allem die moderne, auf Besucher ausgerichtete Oberfläche des Landes.
  • Der Alltag einheimischer Frauen und die familiären Strukturen bleiben für Gäste meist unsichtbar.
  • Die Emirate sind kein westlicher Staat, sondern ein Land mit eigenen kulturellen Regeln, die es zu respektieren gilt.

Wer sich an Kleidungs- und Verhaltensregeln hält, erlebt meist einen sehr entspannten und sicheren Aufenthalt.

9. Aktuelle Entwicklungen: Tendenz zu mehr Gleichstellung

In den letzten Jahren wurden in den Emiraten mehrere Reformen umgesetzt, die Frauenrechte stärken und das Bild des Landes international modernisieren sollen.

  • Strengeres Vorgehen gegen häusliche Gewalt und sexuelle Belästigung.
  • Lockerungen bei bestimmten Familienrechtsfragen und Aufenthaltsregeln.
  • Programme zur Förderung von Frauen in Führungspositionen, in der Tech-Branche und in der Gründerszene.

Gleichzeitig betonen viele Emiratis, dass Gleichstellung nicht zwangsläufig bedeutet, dass Rollenbilder identisch werden. In der lokalen Sichtweise gelten Männer und Frauen oft als ergänzende, nicht identische Rollen – beide mit Bedeutung für Familie und Gesellschaft.

10. Fazit: Fortschritt mit kultureller Prägung

Die Frauenrechte in den Emiraten haben sich in wenigen Jahrzehnten deutlich weiterentwickelt. Bildung, Berufschancen und politische Beteiligung haben stark zugenommen. Frauen sind heute sichtbarer als jemals zuvor im öffentlichen Leben des Landes.

Trotzdem ist die Gleichberechtigung noch nicht in allen Bereichen erreicht. Gerade im Familienrecht, in traditionellen Strukturen und in ländlichen Regionen bleiben Einschränkungen bestehen. Der Alltag vieler Frauen bewegt sich zwischen Tradition und Moderne, zwischen religiöser Orientierung und globalen Einflüssen.

Für Touristinnen und Expats sind die Emirate ein sicheres und komfortables Reiseziel. Wer die lokalen Regeln respektiert, erlebt ein Land, das seine kulturelle Identität bewahren will und gleichzeitig Schritt für Schritt moderner wird.

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